Seit März 2006 steht die "Westliche Riederwaldsiedlung" als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Gemäß § 2 Abs. 2 (2) sind Kulturdenkmäler Straßen-, Platz- und Ortsbilder einschließlich der mit ihnen verbundenen Pflanzen, Frei- und Wasserflächen, an deren Erhaltung insgesamt aus künstlerischen oder geschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht (Gesamtanlagen). Nicht erforderlich ist, daß jeder einzelne Teil der Gesamtanlage ein Kulturdenkmal darstellt. In der Liste der Hess. Denkmäler http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/ kann man nach einzelne Adressen in der Riederwaldsiedlung suchen - wie z.B. Max-Hirsch-Straße 55 aber auch die Pestalozzischule (Vatterstraße 1), Engelsplatz oder die alten Häuser am Erlenbruch. _____________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
2019 - Die Gärten im Mai
Vor einigen Jahren
nach der Sanierung
Das ist unnötig - keine Hecken mehr - der Garten verwüstet,
hoffentlich sieht das auch der VBS so!
Die neuen und die alten Gärten der Gartenstadtsiedlung
Die neuen Gärten - Vorschau - bitte anklicken
Die Riederwaldsiedlung wurde als eine der ersten Gartenstadtsiedlungen in Deutschland geplant, lange Zeit galt sie als Vorzeigeprojekt und wurde von in- und ausländischen Experten besichtigt. Auch die Genossenschaft - die Volks- Bau- und Sparverein e.G. - war stolz auf diese Errungenschaft - war es doch ein großes Projekt und Wagnis gewesen, das die junge Vereinigung auf sich genommen hatte - und trotz aller Probleme wie Krieg, Arbeitslosigkeit, Elend gemeinsam durchgestanden hatte. In der Zeit des Nationalsozialismus wuchs die Genossenschaft, ihr wurden andere kleinere Genossenschaften eingegliedert. Der 2. Weltkrieg und seine Zerstörungen - auch und vor allem in der Riederwaldsiedlung - haben zu großen Verlusten geführt, der Aufbau war hart, aber - wie in den Anfangsjahren war jeder bereit, sein Heim (wieder) aufzubauen.
In Eigeninitiative hatten die Bewohner des Blocks Rümelinstraße/Schulze-Delitzsch-Straße das von einer Bombe getroffene Haus nach dem Krieg aus den Trümmern wieder aufgebaut. Dem Geschmack der Zeit entsprechend mit "liegenden", größeren Fenstern - während an der rückwärtigen Front die alte Fassade erhalten geblieben war. Am linken Bildrand erkennt man Teile der Ladenzeile, die ebenfalls von Bomben getroffen wurde. Auch hier wurden das Dach und die Wohnungen von den Bewohnern selbst repariert. Die betroffene Familie Weyrauch (Eigentümer der gegenüberliegenden Metzgerei) hatte hierzu finanzielle Unterstützung zur Selbsthilfe vom VBS beantragt und erhalten ...
Der hier abgebildete Wohnblock wurde nach 2006 trotz Denkmalschutz abgerissen und durch einen postmodernen Neubau ersetzt s. unten: Neubau Block Rümelinstraße/Schulze-Delitzsch-Straße
Vor allem in den Zeiten nach den Kriegen dienten die Gärten der Siedlung als Nutzgärten - s. dazu § 8 der ursprünglichen Satzung. Geplant waren sie aber als schmückende Gärten, in denen man die freie Zeit verbringen konnte. Es entwickelte sich eine Gartenkultur mit Platz für Igel, Siebenschläfer, Eidechsen, Hecken und Büschen mit Nistmöglichkeiten für Rotkehlchen, Dompfaff und ganzen Spatzenschwärmen - auch die Vögel des nahen Riederwaldes wie der Eichelhäher und die Eichhörnchen wurden hier gesichtet, in den vielfältigen Bäumen nisteten Käuzchen und natürlich gab es Schmetterlinge, Libellen und auch Katzen und Hunde ....
Mauersegler über den Dächern des Riederwaldes. Foto: Ingolf Grabow, Mauerseglerinitiative
Pünktlich jedes Jahr Anfang Mai bis Anfang August kann man die schrillen Rufe der Mauersegler hören, die hier unter den alten Walmdächern ihre Jungen großziehen und die Riederwälder von den Mücken und Schnaken des ehemaligen Sumpfes befreien. Bei den Sanierungen der Häuser dürfen - vom Gesetzgeber vorgeschrieben - die Nistplätze der Mauersegler nicht zerstört werden. Alternativ werden stattdessen vorgefertigte "Wohnungen" installiert s. dazu http://www.nabu-frankfurt.de/mauerseglerinitiative/
In der Nachkriegszeit war der Mangel an Wohnungen groß: die vielen zerbombten Häuser, aber auch die aus dem Osten geflohenen Menschen mussten untergebracht werden. Die Genossenschaft engagierte sich vor allem in den Neubau - die einfachen Wohnblocks der 50er und 60er Jahre und die Hochhäuser der siebziger Jahre. Währenddessen verfiel die Altbausubstanz - nicht nur im Riederwald, der Trend der Zeit ging zu modernen bequemeren Neubauten. Die alten Häuser mit den billigen Mieten wurden unwirtschaftlich und sollten durch neuere, ertragreichere Bauten ersetzt werden. Dies ist die Zeit, in der auch im Riederwald ganze Straßenzüge neu geplant und abgerissen wurden.
Es ist auch die Zeit, in der erstmals die älter gewordenen Mieter froh waren, ihre Gärten nicht mehr selbst versorgen zu müssen. War man früher stolz gewesen, endlich ein eigenes Zuhause und einen Garten zu haben, so hatten sich die Ansprüche gewandelt: mit den neuen bequemeren Häusern verschwand auch ein Großteil der Genossenschaftsidentität: natürlich hatte man sich früher um die Hausordnung und die Pflege der Gärten gekümmert. Die Alten konnten nicht mehr, die Jungen wollten nicht mehr - ein tiefgreifender Wandel im genossenschaftlichen Selbstverständnis. Der VBS reagierte, indem er in den 70er Jahren die Gartenpflege übernahm, in den neuen Nutzungsverträgen (=Mietverträge) wurde das Recht auf Gartennutzung herausgenommen - die Genossenschaft organisierte mit Fachfirmen eine neue Gartenkultur. Einige Genossen allerdings kämpften um ihre Büsche, ihre Bäume - meist auch mit Erfolg, so dass zwar fortan es nur noch gemeinsam genutzte Rasenflächen gab, aber immer noch Büsche, Bäume und Lauben. Und manche Genossen erkämpften sich langsam auch wieder ein Stück des Rasens zurück als ihren Garten. Denn - im Bewußtsein der Riederwälder "gehörten" die Gärten immer noch zu den entsprechenden Wohnungen. Die Gärten waren - und sind immer noch im Sommer zumindest - der beliebte und erholsame Aufenthaltsort - als Ausgleich für die engen Wohnungen. Die Gärten - als zweites Wohnzimmer - in Zeiten von Fussballweltmeisterschaften mitsamt TV und Zelt und Bierzeltbänken. Sehr kommunikativ - aber so mancher Nachbarn war auch genervt und erbost vom ständigen Lärm. Konflikte, die die Verwaltung mit entsprechenden Verboten beendete.
Bildergalerie - Die Gärten - das 2. Wohnzimmer - Vorschau - bitte anklicken
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Im Zuge der Sanierung der gesamten Siedlung allerdings zeigt sich eine neue Politik: die Verwaltung will die Gartenpflege vereinfachen, Kosten sparen. Die Gärten um die sanierten Häuser werden anfangs nach vielen Monaten erst und nach wütenden Protesten - wieder planiert und angelegt. Aber mit dem Ebnen der Flächen nach den Bauarbeiten, dem Einsäen von Grassamen und Setzen Ligusterhecken sollen "eigene" Gärten nicht mehr erlaubt werden. Die Gartenpflege soll nur noch in den Händen einer (eher uninteressierten) Gartenfirma liegen. Ein Problem, denn viele Bewohner wollen die ihnen "angestammten" Gärten nicht aufgeben, sie wollen weiter "ihre" Gärten pflegen. Waren mit den großen Maschinen während der Trockenlegungsarbeiten schon fast alle alten Bäume und Büsche gefallen, so ist erst recht das Unbehagen der Riederwälder an dieser neuen Eintönigkeit groß: keine Sitz- und Grillecken mehr hinter Fliederbüschen, keine Lauben, keine Wandbegrünung mehr? Wo bleibt da der Charakter der Gartenstadtsiedlung? Die Riederwälder erobern sich langsam, Stück für Stück ihre Gärten zurück, gegen die strengen Vorschriften der Verwaltung werden doch wieder kleinere Beete angelegt, Ausnahmegenehmigungen für Gartenhütten und Katzentreppchen eingeholt ...
Nur - werden auch die neu hinzugezogenen, die jungen Familien, die jetzt in den Riederwald, in die sanierten Wohnungen ziehen, die nichts mehr von diesen Traditionen wissen, sich wieder ein Stückchen Garten erkämpfen? Sie werden wohl vor allem erleben, daß mit jeder Sanierung ein Stück der romantischen Gartenstadtsiedlung verloren geht, sie werden wohl noch miterleben, dass hier und da noch alte schöne Bäume, wilde Hecken und Gebüsch für die Vögel, die Igel, die Siebenschläfer an den unsanierten Häusern noch vorhanden waren , aber auch, dass nach einer Sanierung nur noch Rasen und Hecken übrig bleiben. Wird in Zukunft aus der Gartenstadtsiedlung eine pflegeleichte Rasensiedlung werden?
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